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Diese Seite soll zu Informationszwecken bezüglich aller Tätigkeiten des Gerichtsvollziehers dienen und nützliche Hinweise an Schuldner und Gläubiger sowie Betroffene und Interessierte geben, ohne rechtsberatend zu wirken. Rechtsberatungen sind in der Regel Anwälten bzw. Schuldnerberatungen vorbehalten.

Historisches zum Beruf des Gerichtsvollziehers

Nach römischen Recht gab es eine Vollstreckung im eigentlichen Sinne nur ansatzweise. Vielmehr wurde in die Freiheit des Schuldners vollstreckt. Er wurde gefangen gehalten, um so die Zahlung zu erzwingen. Bei Nichtzahlung der Lösesumme wurde der Schuldner getötet oder verkauft. Dies sollte als Druckmittel für Angehörige dienen, die Auslösesumme zu zahlen.

Später entwickelte sich hieraus die Vollstreckung ins Vermögen des Schuldners als Ganzes. Das gesamte Vermögen des Schuldners wurde beschlagnahmt und veräußert. Der Ersteher musste die Gläubiger bedienen. Diese Art der „Gesamtvollstreckung“ ähnelt dem heutigen Insolvenzverfahren. Die Einzelvollstreckung entwickelte sich später.

In der germanischen Frühzeit musste der Schuldner (Verurteilte) geloben, das Urteil zu erfüllen. Konnte er das nicht, brach er sein Gelöbnis und war friedlos gestellt. Sein sämtliches Hab und Gut verfiel dem König. Daneben entwickelte sich die außergerichtliche Pfandnahme, ein so genanntes Selbsthilferecht des Gläubigers. Es diente als Beugemittel zur Erzwingung der Zahlung der Auslösesumme.

Etwa zwischen 750 – 900 n. C. (karolingische Zeit) verschwand das Selbsthilferecht und es entwickelte sich eine Vollstreckung durch den Grafen als Gerichtsperson. Diese Vollstreckung in das bewegliche Vermögen, die sog. „Fahrhabe“ (deshalb wird die Pfändung teilweise heute noch als Fahrnispfändung bezeichnet) und ins unbewegliche Vermögen wurde für den jeweiligen Gläubiger durchgeführt. Als Form der Personalvollstreckung gab es in dieser Zeit die Preisgabe des Schuldners. Er wurde in Verwahrung genommen und bei Nichtauslösung dem Gläubiger übergeben.

Im Mittelalter gab es drei wichtige Grundarten des Vollstreckungszugriffs. Das inzwischen veraltete Ungehorsamsverfahren, das Verfahren der außerprozessualen Gläubigerpfändung und die Pfändung auf gerichtliches Verfahren. Diese letzte Form ähnelte schon dem heutigen Verfahren, bei dem das Erkenntnisverfahren vor dem erkennenden Gericht dem Vollstreckungsverfahren vorausgeht. Bei der Pfändung, die der Gläubiger selbst durchführte, mussten Zeugen anwesend sein. Vielerorts gab es Pfändungsbeamte, welche die Aufgabe der Pfändung übernahmen. Zu dieser Zeit gab es kaum unpfändbare Habe. Die Auswahl der Pfandstücke oblag dem Gläubiger. Um 1500 entwickelte sich der gemeine Prozess, der sich an den Grundzügen des römischen Rechts anlehnte. Nunmehr ballt sich jedoch die Gewalt der Vollstreckung beim Staat und somit den Gerichten. Es mussten Vollstreckungsanträge bei Gericht gestellt werden, auf die entweder die Vollstreckung oder ein Prozess folgte. Bei der Vollstreckung war eine Reihenfolge zu beachten. Bargeld und leicht zu veräußernde Habe sollten zuerst zur Befriedigung des Gläubigers dienen. Erst dann folgte die Vollstreckung in Immobilien sowie Forderungen.

Das französische Recht „Code civil“ wurde teilweise vollständig um etwa 1800 übernommen. Hier gab es den Grundgedanken, dass die Vollstreckung Sache der Parteien ist. Nach dem Erkenntnisverfahren konnte der Gläubiger mit einer Urteilsausfertigung und Vollstreckungsklausel einen von ihm beauftragten Gerichtsvollzieher (hoissier) mit der Vollstreckung betrauen. Dieser war kein Hilfsorgan des Gerichts, sondern Beauftragter des Gläubigers. Der Gerichtsvollzieher vollstreckte in Mobilien, Immobilien und Forderungen.

Mit der Reichszivilprozessordnung von 1879 wurde das französische System mit dem gemeinen Prozess vereint und ein einheitliches Vollstreckungssystem geschaffen. Es gab die Trennung des gerichtlichen Erkenntnisverfahrens vom Vollstreckungsverfahren. Die Vollstreckung kann sofort nach Erteilung der Vollstreckungsklausel erfolgen. Jedoch ist der Gerichtsvollzieher nur noch für die Pfändung in das bewegliche Vermögen zuständig. Den Vollstreckungsgerichten obliegt nunmehr die Vollstreckung in Immobilien und Forderungen. Es gibt Rechtsbehelfe nach formeller (Erinnerung) und materieller Art (Vollstreckungsgegenklage), die aus beiden Vollstreckungssystemen übernommen wurden.

Hinweis:

Der vorstehende Text wurde inhaltlich auszugsweise aus einem Aufsatz des Richters am Amtsgericht Rainer Harnacke übernommen.

Der Kuckuck

Warum wird das Pfandsiegel des Gerichtsvollziehers im Volksmund Kuckuck genannt? Es gibt hierzu verschiedene Theorien. Logisch und nachvollziehbar ist die Meinung, dass es sich bei der Bezeichnung um eine spottende und verunglimpfende Bezeichnung des Reichsadlers handelt, welcher sich früher auf den Pfandsiegeln des Gerichtsvollziehers befand.

Die Arbeit des Gerichtsvollziehers heute

Der Gerichtsvollzieher ist schwerpunktmäßig zuständig für die Vollstreckung in das bewegliche Vermögen des Schuldners, also Pfändung und Verwertung. Für die Vollstreckung in unbewegliches Vermögen und die Vollstreckung in Forderungen sind die jeweiligen Vollstreckungsgerichte des Amtsgerichts zuständig. Eine besondere Form der Vollstreckung ist das Insolvenzverfahren. Grundsätzlich gibt es an jedem Präsidialgericht ein Insolvenzgericht. Diese Form der Vollstreckung ist ein so genanntes „Gesamtvollstreckungsverfahren“, bei dem alle Gläubiger des Schuldners vollstrecken und die anhängigen Forderungen angemeldet werden müssen.

Das Erscheinungsbild der täglichen Arbeit des Gerichtsvollziehers hat sich aber, insbesondere auch im Anschluss an die letzten Zwangsvollstreckungsnovellen, maßgeblich geändert. War es früher die Hauptaufgabe zu pfänden und durch die Verwertung der gepfändeten Gegenstände die Befriedigung der Gläubiger herbeizuführen, so spielt die Pfändung heute praktisch fast keine Rolle mehr. Pfändung und Verwertung verursachen oftmals immense Kosten, die in keiner Relevanz zum Nutzen und Ertrag stehen. Der Schwerpunkt liegt nunmehr auf der Ratenweisen Einziehung der Schuld bzw. in der Abnahme der eidesstattlichen Versicherung. Man könnte den heutigen Gerichtsvollzieher auch fast als „staatlich legitimiertes Zwangsinkassounternehmen“ bezeichnen.

Eine weitere Aufgabe des Gerichtsvollziehers ist die Zustellung. Insbesondere Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse mit Aufforderung zur Drittschuldnererklärung gemäß § 840 ZPO müssen  durch den Gerichtsvollzieher zugestellt werden. Auch die Wegnahmevollstreckung für bewegliche Sachen und Personen obliegt dem Gerichtsvollzieher. Letzteres gehört zu den unangenehmsten und kompliziertesten Aufgaben ( z.B. Kindesherausgabe). Für die Räumungsvollstreckung (Räumung von Wohnungen/Geschäftsräumen), sowie das Verfahren zur Abnahme des Offenbarungseides ist ebenfalls der Gerichtsvollzieher zuständig. Es gibt weitere, nicht häufig vorkommende Zuständigkeiten, wie zum Beispiel Vorführungen oder freiwillige Versteigerungen, die hier aber nur am Rande erwähnt werden sollen.

Beim Stöbern auf meiner Homepage wünsche ich Ihnen viel Spaß!

Enrico Goth, Gerichtsvollzieher am Amtsgericht Borna